Moria

Spenderbrief Januar 2022

Liebe Spenderinnen und Spender,

Anfang November war Dr. Christoph Zenses inzwischen zum 13. Mal seit Vereinsgründung für medizinische Hilfe auf Lesbos im neuen Lager „Moria 2“ (jetzt „Mavorvouni“) aktiv und hat sich vor Ort ein Bild von der aktuellen Lage gemacht. Hier seine Eindrücke:

„Der kalte und feuchte Wind weht ungeschützt vom Meer in das steinige Lager Moria 2. Hier frieren 3000 Menschen bei Temperaturen zwischen 4 und 8 Grad – rund ein Drittel davon sind Kinder. Das Camp besteht inzwischen zur Hälfte aus Containern, die anderen leben weiter in Zelten. Die Lebensmittelversorgung ist knapp, besondere Kost für Kleinkinder gibt es nicht. Die Patienten klagen über chronische Ganzkörperschmerzen durch das Schlafen auf dem harten Boden. Ich sehe viele Menschen mit psychischen Erkrankungen, sie sind durch Flucht, Folter und Krieg traumatisiert. Hinzu kommen jetzt im Winter Erkältungskrankheiten. Natürlich sind wichtige Hygiene- und Abstandsregeln gegen die Ausbreitung von Corona unter diesen Bedingungen kaum möglich. Die Wasserversorgung erfolgt immer noch aus Tanks und ist rationiert.“

Solingen hilft unterstützt weiterhin die medizinische Versorgung durch die Finanzierung von Medikamenten und medizinischem Personal. Ein großer Erfolg war 2021 unser Kampf gegen die Krätze. Mit teuren, aber sehr wirkungsvollen Tabletten und der Anschaffung von Duschen und Waschmaschinen in der Nähe des Lagers konnte der massive Ausbruch eingedämmt werden. Gefreut hat mich, dass die Schulbusse von ‘Stand by me Lesvos‘ im Camp weiter sehr gut besucht werden. Wir finanzieren diese Schule, in der selbst geflüchtete Lehrerinnen und Lehrer ihre Landsleute unterrichten. Projekte, die die Eigeninitiative der hier gestrandeten Menschen unterstützt, ihre Würde bewahrt und sie sehr aktiv werden lässt, sind uns besonders wichtig“, betont Dr. Zenses.

Neben der Schule unterstützt Solingen hilft den Verein „Refugees 4 Refugees“. Wie bei ‚Stand by me Lesvos‘ steht die Arbeit durch die Geflüchteten selbst im Mittelpunkt. Sie machen die Zelte winterfest, räumen Müll im Camp weg, haben einen Shop im Camp für die besonders bedürftigen Familien, bieten Aktivitäten für Geflüchtete an, es gibt einen Frisör, etc. Hier finanziert Solingen hilft Wintercarepakete mit Vitaminen und besonderen Ergänzungsmitteln, Masken und diverse Hygieneartikel.

Die Lage der Geflüchteten auf dem griechischen Festland ist ebenfalls hoffnungslos. Über 45.000 geflüchtete Menschen leben in Athen, z. T. verteilt auf die 30 Lager um die Stadt herum, viele aber auch in leerstehenden Häusern oder auf der Straße. Viele kommen aus Afghanistan, da deren Anerkennungsquote über 65 % liegt. Wir haben uns bei unserem Besuch im Juni 2021 mit ihnen über ihr Schicksal unterhalten, darunter viele junge Frauen mit ihren Kindern.

Wer anerkannt ist, hat keinen Anspruch mehr auf Geld. Sie leben von Nichts, es fehlt ihnen an allem, trotzdem versuchen sie, sich ordentlich zu kleiden und sie sind zu uns sehr freundlich. Viele sind mehr als drei Jahre unterwegs. Von Lesbos/Moria jetzt in Athen, ohne Arbeit, Schule, Geld und Perspektive. Einige schauen mit leeren Blicken vor sich hin – ihre Hoffnungslosigkeit ist mit Händen zu greifen. Eine junge Frau zeigt uns ihre Tüte mit einem kleinen Fladenbrot, das sie an einer Kirchen-Ausgabestelle erhalten hat. Ein Brot für eine fünfköpfige Familie.

Aber es gibt auch Lichtblicke wie den von Geflüchteten gegründeten Hilfsverein KHORA. Im KHORA Shop gibt es unentgeltlich diverse Hygieneartikel und Kleidung. In der KHORA Kitchen verteilen Freiwillige täglich 800 Essen. Vor Corona war dies eine Begegnungsstätte, in der die Menschen auch zusammensitzen konnten und die auch von sozial benachteiligten Griechen besucht wurde. Mit Projekten wie Bastel-, Näh- und Strickangeboten schafft KHORA Sinn und Selbstwert. Hier finanziert Solingen hilft Hygieneartikel und Lebensmittel für die KHORA Kitchen.

Der KHORA Leiter Ali verteilt ungefähr 500 Stück Seife pro Woche plus weitere Hygieneartikel, täglich kommen bis zu 100 Menschen. Er geht sehr wertschätzend und herzlich mit den Menschen um, und ist ein echter „Organisator und Macher“. Er ist dankbar für jede noch so kleine Spende. „Das sind die Initiativen, die wir gern unterstützen, wir wissen dann, dass die Hilfe passgenau zu den dringendsten Bedürfnissen passt“, betont Dr. Werner Klur, der sich in Athen länger medizinisch besonders um chronisch Kranke gekümmert hat.

Solingen hilft möchte da sein, für Menschen auf der Flucht. Geänderte Fluchtrouten und neue Katastrophen erfordern flexible und schnelle, zupackende Hilfe. Deshalb haben wir im November auch einen Hilfstransport an die polnisch-belarussische Grenze unterstützt. Schlafsäcke, warme Kleidung und Lebensmittel – ein kleiner Beitrag für etwas Menschlichkeit.

Mit Ihrer Hilfe und Ihren Spenden werden wir auch 2022 für geflüchtete Menschen medizinische und humanitäre Hilfe leisten. Schwerpunkt bleibt aktuell Griechenland, aber wir werden mit offenen Augen auf die Entwicklungen schauen.